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Geschichte

Geschichte

 

Kursächsische Karte              W. Müller Bleesern Tor

Stutterei Bleesern auf der Kursächsischen Karte von Isaak Jakob Petri, um 1742; Eingangsportal von Bleesern mit der Jahreszahl 1686, Zeichnung Domänenschreiber Wilhelm Müller, um 1880 (Sammlung Fam. Forberg)

 

Bleesern entstand in der 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts als Burgward. Mit dem Ausbau Wittenbergs zur sächsischen Herzogsresidenz im 14. Jahrhundert wurde die Burg spätestens unter Rudolf II. zum herzoglichen, später kurfürstlichen Vorwerk. 1379 wird Bleesern erstmals als Vorwerk urkundlich erwähnt. Die Nutzung durch die sächsischen Kurfürsten ist nahezu lückenlos nachweisbar. Als Erzmarschall des Heiligen Römischen Reiches hatte der Kurfürst von Sachsen das symbolische Amt des Reichsheerführers inne, das durch die gekreuzten Schwerter im sächsischen Wappen symbolisiert wird. Praktisch äußerte sich dies nicht zuletzt in einer bedeutenden eigenen Pferdezucht. Die bereits seit Mitte des 15. Jahrhunderts belegte Pferdezucht in Bleesern baute der Kurfürsten Friedrich II. von Sachsen (1412/28–1464) um 1460 aus. Kurfürst Friedrich III., genannt der Weise (1463/86–1525), der das Vorwerk kurz nach Amtsantritt modernisierte, machte Bleesern unter seinem Gestütsmeister um 1500 zur zentralen Stuterei im sächsischen Gestütskomplex.

 

Marschalk             Wappen

Marschalk des Heiligen Römischen Reiches auf einer Spielkarte des Ambraser Hofämterspiels um 1455 (hier Reprint Piontek nach Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr.: KK_5077 bis KK_5124) und Wappen der sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich mit den gekreuzten Schwertern der Marschalks bzw. Kurwürde im Brustschild, Holzschnitt, Lucas-Cranach-Werkstatt 1546 (HL 10650a)

 

Der älteste Nachweis über eine bereits bestehende Pferdezucht in Bleesern und dem benachbarten Pratau datiert in die 1440er Jahre. Seit 1446 wird von der Unterbringung von Beschälern (Zuchthengsten) und 70 – 90 Stuten und Fohlen auf den Weiden berichtet. Seit 1449 ist die Tätigkeit von Ross-, Stuten- und Fohlenhirten in Bleesern und Pratau belegt. 1460 fertigte der Wittenberger Schmied ein Brenneisen zur Markierung der in Bleesern gezüchteten Pferde. Er war auch für die Markierung zuständig. Im gleichen Jahr wird zusätzliches Weideland (Gabelsheide) für die Pferdezucht erworben. 1465 wird in Bleesern ein Fohlenstall errichtet, bald darauf werden „aufgestallte“ Fohlen und Mutterpferde mit Hafer versorgt. 1486/87 errichten Zimmerleute in Bleesern eine Heuscheune und einen Stutenhof. 1489 wird der dortige Fohlenstall durch einen Neubau ersetzt, „Pferdebuchten“ werden errichtet. 1494 wird zudem ein Stutenstall auf dem Bleeserner Hof erwähnt.

 

Wittenberger Amtsrechnung             Brandzeichen 

Belege für die Ausstattung des Gestüts in Bleesern mit Striegeln, Glocken, Futter und Brandeisen mit einem B (für Bleeser) in der Wittenberger Amtsrechnung 1506/07 (LATh-HStA Weimar, EGA, Reg. Bb 2749, fol. 93v); Darstellung eines Brandzeichens auf dem Pferd eines böhmischen Falkners auf einer Spielkarte des Ambraser Hofämterspiels um 1455 (hier Reprint Piontek nach Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv. Nr.: KK_5077 bis KK_5124)

 

Der Stutenhirte und der Fohlenknecht zu Bleesern sowie der Wittenberger Schmied (als Pferdearzt) kümmerten sich in dieser Zeit um etwa 100 – 120 Pferde. Das Vorwerk Bleesern war damals eine Art großer – vermutlich unterteilter – Gutshof, in dem verschiedene Ställe für unterschiedliche dort gehaltene Tiere standen. Lediglich die Schäferei erscheint als vollständig abgetrennter Hofkomplex. Die Pferdezucht erfolgte als „halbwildes Gestüt“: In der warmen Jahreszeit hielten die Stuten und Fohlen sich, von Hirten bewacht, auf den Weiden im Freien auf, und nur im Winter wurden sie im Stall gehalten.

 

Hausbuch Wolfegg       Friedrich III

Stallszene in einem Schlosshof aus der „Niederwildjagd“ im Hausbuch des Schloß Wolfegg, fol. 24r, Meister des Hausbuches nach 1480; Kurfürst Friedrich III. von Sachsen im Turnier gegen Kaiser Maximilian I. um 1515 (von Leitner, Freydal 1888, Taf. 157)

 

1506/07 wird das Gestüt in Bleesern mit den Gestüten in Allstedt und Seyda unter dem kurfürstlichen Gestütsmeister Hans vom Berge zusammengeschlossen. Von den insgesamt betreuten etwa 300 Pferden stehen etwa 140 auf den Wiesen in und um Bleesern. Zusätzliche Weiden, Fohlen- und Stutenknechte wurden beschäftigt. Der Gestütsmeister führte detailliert Buch über Ausgaben und vorhandene Tiere. Er vermerkte Herkunft (Bleeser, Allstedter, Seyder etc.), Geschlecht, Alter, Fellfarben (z. B. mausfahl, würzbraun), besondere Kennzeichen (z. B. Blässe, Glasaugen) sowie die Eignung der Fohlen (Rennpferd, Schießpferd, Turnierpferd). Er notierte bisweilen taggenau, wann er Tiere verkaufte oder an den Hof sandte oder wann sie auf der Weide erfroren oder von Wölfen gerissen wurden. Diese Unterlagen enthalten Angaben für einen Zeitraum von etwa 40 Jahren.

 

Grafik Verteilung

Anzahl der Fohlen und Stuten, die 1509/10 auf den sächsischen Gestütsweiden standen, nach der Rechnung Hans vom Berges von den jungen Fohlen (LATh-HStA Weimar, EGA, Reg. Bb 5974 & ebd., Reg. Bb 5975)

 

Für keine andere der im späten Mittelalter gegründeten und noch erhaltenen europäischen Gestütsanlagen mit halbwilder Zucht gibt es derart frühe und umfangreiche gesicherte archivalische Belege.

 

Während in Bleesern bereits 1446 eine bestehende Pferdezucht dokumentiert ist, wurde im schweizerischen Kloster Einsiedeln, wo seit 1064 Pferde im wilden Gestüt gezüchtet werden, erst nach 1477 eine halbwilde Zucht eingerichtet. Das württembergische Hofgestüt Marbach wurde 1491 gegründet, zwischen 1495 und 1500 nahe Alberobello in Apulien (Italien) die Masseria Cavallerizza als Gestüt der Republik Venedig, 1506 das kroatische Gestüt Đakovo. Der erste urkundliche Nachweis für die Existenz des Gestüts Bündheim (Bad Harzburg) stammt aus dem Jahr 1542. Das berühmte kaiserliche Hofgestüt in Kladruby (Tschechien) entstand 1579 (ein Pferdegehege gab es dort seit 1491), jenes in Lipizza (Lipica/Slowenien) 1580.

 

Schiffbrücke     Herzog Moritz Wiese

Ansicht der Schiffbrücke über die Elbe, welche die Truppen Kaiser Karls V. 1547 nördlich von Bleesern für die Belagerung Wittenbergs errichteten, mehrteiliger Holzschnitt, Meister MS 1547 (nach Braun/Hogenberg, Civitates 1572–1617); Lage der Herzog Moritzwiese (58) im Lageplan des Hofgestüts 1723 von Georg Gottlieb von Cölln (SäHStA Dresden, Kartensammlung, Schr. 001, F. 027, Nr.003)

 

Im Ergebnis des Schmalkaldischen Krieges, der ersten großen militärischen Auseinandersetzung der protestantischen und der katholischen Mächte von europäischer Bedeutung, musste sich der unterlegene sächsische Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige (1503/1532–1554) nach der Schlacht bei Mühlberg Kaiser Karl V. (1500/1519–1558) unterwerfen. Mit der Wittenberger Kapitulation vom 19. Mai 1547 endete die Herrschaft der ernestinischen Wettiner im Kurfürstentum Sachsen. Am 4. Juni 1547 verlieh Karl V. im kaiserlichen Heerlager auf der Gestütswiese des Vorwerks Bleesern Herzog Moritz von Sachsen (1521/1541–1553) die Anwartschaft auf die sächsische Kurwürde, mit der die bis 1918 währende Herrschaft der albertinischen Linie der Wettiner im Kurfürstentum und späteren Königreich Sachsen begann. Seitdem wird Sachsen – bis heute – von Dresden aus regiert. Dadurch und durch die nachgewiesenen Aufenthalte aller Herrscher vom späten 15. bis frühen 18. Jahrhundert ist Bleesern ein herausragendes Zeugnis der sächsischen Landesgeschichte.

 

Pferdedressur           Schloss 1578

Kollorierte Darstellung der Pferdedressur aus Georg Engelhard Löhneysens Werk Über das Zeumen 1588 (VD16 L 2286, hier BSB München, Res Gymn. 31); Beleg für die Errichtung der Bleeserner Schlossanlage um 1578 aus dem Inventar von 1695 (LASA Wernigerode D54, Nr. 197, fol. 5v-6r)

 

Die kriegerischen Ereignisse hatten die Gebäude des Vorwerks verwüstet. Die Stuten und Fohlen waren schon 1546 von Reitern Herzogs Moritz von Sachsen (1521/1541–1553) geraubt worden. Kurfürst August von Sachsen (1526/1553–1586) ließ 1578, vermutlich unter der Leitung des Baumeisters Hans Irmisch, eine herrschaftliche Gutsanlage mit schlossartigem Herrenhaus, Verwalterhaus, Nebengebäuden und Lustgarten errichten. Noch vor 1581 ist zudem wieder ein Stutenhof in Bleesern belegt. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Hof neben der schon um 1500 genutzten Nachtweide („Nachthennigte“) südlich des Schlosses befand. Kurz nach dem Schmalkaldischen Krieg ist die Pferdezucht in Bleesern für einige Dekaden in die Hände von Gutsverwaltern überantwortet worden. Diese hatten ein Gestüt von 100 Tieren zu halten. Jährlich hatten sie zehn "junge Hengste, Reuse oder geschnittene Stuten, vier Jahre alt" oder vier bis sechs "berittene Pferde" an den Hof abzutreten. Die Zuchthengste, darunter auch spanische Beschäler, stammten zum Teil aus den Stallungen des sächsischen Hofes. Vor 1574 baute der Pächter auch den Stutenhof unweit der umfriedeten Nachtweide ("Nachthennigte") umfangreich aus. Zur Zeit des Ausbaus von Bleesern ist der Pferdezuchtspezialist Georg Engelhard von Löhneysen als Reit- und Fechtlehrer am sächsischen Hof angestellt. Reisende aus England, Ungarn und anderen Orten preisen zugleich die Pferde, die sie im Dresdener Marstall besichtigen konnten.

 

Johann Georg II      Scheitelstein      Klengel

Der Sächsische Kurfürst Johann Georg II. im Holzschnitt von 1658 als Auftraggeber des Gestütsneubaus in Bleesern von 1675 (Wikipedia); Scheitelstein des Torgbogens mit der Jahreszahl 1686 (Foto: Mario Titze) und ein Portrait des Baumeisters Wolf Caspar von Klengel von Heinrich Chrisoph Fehling um 1680 (Wikipedia)

 

Auch dieser Anlage blieb kein langer Erfolg vergönnt. Sie wurde in den Wirren des Dreißigjährigen Krieges weitgehend zerstört. Nach Hochwasserschäden 1655 war ein kompletter Neubau erforderlich, den Johann Georg II. von Sachsen (1613/1656–1680) 1675 befahl. Ab 1676 wurde neben dem älteren Vorwerk die bis heute bestehende Gestütsanlage nach Entwurf des sächsischen Oberlandbaumeisters Wolf Caspar von Klengel (1630–1691) ausgeführt. 1686 war der Bau vollendet, als Johann Georg III. ihn im Januar besuchte und einweihte. Sein Monogramm und die Jahreszahl 1686 zieren noch heute die Gebäude.

 

Modell Zimmermann      Rekonstruktion

Rekonstruktion der Gestütsanlage Bleesern im Zustand von 1764, Torsten Zimmermann; Rekonstruktion der Gestütsnutzung auf Basis des Plans von 1764 und des Inventars von 1695, Thomas Lang (SäHStA Dresden, Finanzkollegium, Magd. Rep. A 25a I,I Nr. 587)

 

Im 17. Jahrhundert veränderten sich die Zuchtmethoden. Aus dem „halbwilden“ Gestüt wurde das „zahme“ Gestüt, bei dem die Stuten und Fohlen ganzjährig im Stall gehalten wurden. In den Ställen brauchten sie Platz, um ausreichend Bewegung zu haben. Dafür reichten die Ställe der halbwilden Gestüte nicht mehr aus. Es entstanden neuartige Bauten, die größer, für die Pferde bequemer waren. Da vor allem regierende Fürsten in größerem Maßstab Pferde züchteten, wurde die Pferdezucht Teil der fürstlichen Hofhaltung im Barockzeitalter. Die Architektur der neu entstehenden Gestütsanlagen, meist großzügige, in sich geschlossene bauliche Komplexe, war von der Schlossbaukunst beeinflusst.

 

Bleesern 1723        Hofgestüt Zimmermann

Lageplan von Hofgestüt und Schloss Bleesern am Bleesernsee 1723 von Georg Gottlieb von Cölln (SäHStA Dresden, Kartensammlung, Schr. 001, F. 027, Nr.003); Rekonstruktion der Gestütsanlage Bleesern im Zustand von 1764, Torsten Zimmermann

 

Bis 1724 wurde die Anlage als kurfürstliches Hofgestüt genutzt. Dann wurde die Pferdezucht in das durch Matthäus Daniel Pöppelmann, den Baumeister des Dresdner Zwingers, errichtete Gestüt Graditz bei Torgau verlegt. Danach diente Bleesern bis 1744 als kurfürstliches Maultiergestüt. In dem schlossartigen Herrenhaus von 1578 nahmen die Kurfürsten und ihre Gäste bei ihren vielfachen Besuchen Quartier. Allein August der Starke hielt sich dreimal in Bleesern auf: 1690 als Prinz, 1699 und 1700 als sächsischer Kurfürst und polnischer König. 1699 verbrachte er hier die Nacht vom Heiligabend zum Weihnachtstag.

 

Kreischau und Repitz       Kreischau

Lage der Gestüte in Repitz und Kreischau an der Elbe ndl. von Torgau nach Isaak Jakob Petri, Karte des Kurfürstentums Sachsen 1761; das 1693 errichtete Gestütsgebäude Kreischau, Foto: Mario Titze 2011

 

Das zwischen 1676 und 1686 als geschlossene Vierflügelanlage komplett neu errichtete sächsische Hofgestüt Bleesern ist das älteste erhaltene Beispiel für den Typ des damals neuartigen fürstlichen Gestütshofes. Bleesern wurde zum Vorbild für die sächsischen Gestüte nahe Torgau: Repitz (1686 gegründet, 1689-94 erbaut), Kreischau (1692/93), Graditz (1721-26) und Neu-Bleesern (1723), über Graditz mittelbar auch für das brandenburgische Gestüt Neustadt/Dosse (1787-1791).

Der Neubau in Bleesern war bereits ein Jahr in Nutzung, als 1687 nach Plänen des kaiserlichen Baumeisters Bernhard Fischer von Erlach das Gestüt des Fürsten Karl Eusebius von Liechtenstein im mährischen Eisgrub (Lednice, Tschechien) begonnen wurde. Das Hofgestüt des französischen Königs Ludwig XIV. in Le Pin, entworfen von Robert de Cotte, wurde von 1715 bis 1724 erbaut.

 

Ochsenauge und Portal      Carlsfeld

Ochsenauge und Portal im Ostflügel von Bleesern; Bogenfenster und Ochsenauge an der Dreifaltigkeitskirche in Carlsfeld im Erzgebirge, 1684–1688 nach Entwurf von Wolf Caspar von Klengel, Fotos: Mario Titze.

 

Die Gebäude des Gestüts Bleesern sind Unikate im nur fragmentarisch überlieferten Œuvre Klengels, eines der kunstgeschichtlich wichtigsten deutschen Architekten des 17. Jahrhunderts. Neben der Kapelle des Schlosses Moritzburg, dem Hausmannsturm des Dresdner Schlosses, der Dreifaltigkeitskirche in Carlsfeld und dem von Johann Georg Starcke errichteten Palais im Großen Garten in Dresden ist Bleesern das älteste erhaltene Zeugnis der Dresdner Barockbaukunst, „ein Markstein der barocken Architektur des alten Kursachsen“ (Prof. Dr. Heinrich Magirius, Radebeul).

 

Das Hofgestüt Bleesern ist ein bedeutendes Zeugnis für die Geschichte der Pferdezucht in Deutschland und Europa, ein hochrangiges Kulturgut.

 

Bleesern 1904       W Müller Bleesernsee

Das Gut bzw. die Domäne Bleesern am Bleesernsee im Messtischblatt 2316 von 1904 (SLUB-KS 2006 1 001832); der Bleesernsee in einer Zeichnung des Domänenschreibers Wilhelm Müller von 1874 (Sammlung Fam. Forberg).

 

Nach 1816 wurde Bleesern als königlich-preußische Domäne genutzt. 1880 verfügte sie über Landbesitz von mehr als 726 ha. 1931 kam es zum Verkauf von Flächen an die Berliner Siedlungsgesellschaft „Osten“.

 

Domäne 1900     Domäne 1900 2

Preußische Domäne Bleesern um 1900: Blick nach Nordosten mit 1764 ergänztem Zentralbau und nach Nordwesten mit Taubturm und Schmiede.

 

Nach dem 2. Weltkrieg fanden zahlreiche Flüchtlinge in den Gebäuden Unterkunft. Die Bauten und Flächen des Staatsbetriebs wurden im Rahmen der Bodenreform an Neubauern vergeben. Gleichzeitig wurden die Gebäude der Südwestecke zur Gewinnung von Baumaterial abgebrochen. Die Sowjetische Militäradministration wollte mit der Beseitigung teils ganzer Gutshöfe einem Wiedererstarken des Großgrundbesitzes vorbeugen. 1946 entstand in Bleesern ein Maschinenhof der Vereinigung für gegenseitige Bauernhilfe (VdgB), den 1950 die Maschinenausleihstation (MAS) Gohrau übernahm. 1959 schlossen sich 26 kleinere Betriebe in Bleesern zur Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) Typ I „Aueland“ zusammen, die bis 1966 existierte. In Seegrehna bestand außerdem die LPG Typ III „Auf Friedenswacht“.

 

Federzeichnung Willer       Bleesern 1996

Bleesern 1958, Federzeichnung von Franz Willer (aus: Städte und Dörfer des Kreises Wittenberg, Heimatbuch Bd. II, Wittenberg 1958, S. 228); Bleesern 1996; Foto: Mario Titze

 

Nach 1990 kamen die zu Bleesern gehörigen Bauten und die landwirtschaftlichen Flächen in Treuhandbesitz und wurden bis zum Jahr 2000 einzeln privatisiert. Seit 1992 steht die gesamte Anlage unter Denkmalschutz. Der Flutkatastrophe im August 2002, als in der Nähe von Seegrehna ein Elbdeich brach, entging das Denkmal, weil die flämischen Kolonisten, die im 12. Jahrhundert die Elbaue südlich von Wittenberg urbar machten, im Deichbau erfahrene, mit dem Leben im Schwemmland vertraute Spezialisten waren und den Burgward Bleesern auf erhöhtem Gelände anlegten. Auch dem Orkan „Kyrill“ im Januar 2007 hielten die massiven Gebäude stand.

 

Zerstörung 2002

Rabiater Abbruch des Ostflügeldaches von Bleesern durch einen Teileigentümer, zur Zeit der LPG standen in diesem Bereich Dreschmaschinen; Foto: Mario Titze 2002

 

Bleesern überstand Kriege, Naturgewalten und Umnutzung in der DDR-Zeit. Wirkliche Gefahr drohte den Gestütsbauten erst durch den Abbruch des Daches über dem Nordteil des Ostflügels durch den neuen Teileigentümer 2002 und eine Genehmigung, die ihm seit 2010 den gänzlichen Abriss des Ost- und des Südflügels dieses einzigartigen Monuments erlaubt hätte.

 

Gründung        Erwerb        Macht und Pracht

Berichterstattung über die Vereinsgründung (MZ 14. April 2011, K. Blüthgen), den Ankauf des Gestüts (MZ 28. Feb. 2011, K. Blüthgen) und die Inszenierung innerhalb des Denkmaltages von 2017 (MZ 11. Sep. 2017)

 

Um diesen Verlust abzuwenden, gründete sich 2010 der Förderverein Hofgestüt Bleesern e. V. 2012 konnte der Verein die abrissgefährdeten Gebäude erwerben und im Jahr 2014, gefördert von der Bundesregierung und dem Land Sachsen-Anhalt aus Mitteln des Programms für „Denkmale von nationaler Bedeutung“, mit der Sicherung der Bausubstanz beginnen. 2016 folgten weitere Sicherungsmaßnahmen mit Förderung durch das EU-Programm LEADER.

 

Logo


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Mit der Silbernen Halbkugel

ausgezeichnet im Jahr 2017 vom

Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz

Fortsetzung der Arbeiten am Dach des Ostflügels

Förderzusagen des Landes Sachsen-Anhalt und der Deutschen Stiftung Denkmalschutz ermöglichen die Fortsetzung der Bauarbeiten am Dach des Ostflügels.

 

Mit Mitteln aus dem Denkmalpflegeprogramm "National wertvolle Kulturdenkmäler" des Bundes, des Landes Sachsen-Anhalt, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz sowie der Katharina und Gerhard Hoffmann Stiftung wird derzeit am historischen Dach des Ostflügels gearbeitet. Nach der Reparatur der Mauerkrone im südlichen Bereich erfolgten Zimmererarbeiten an der Holzkonstruktion. Auf dem reparierten Teil der Dachfläche wird eine Bretterschalung aufgebracht. Damit ist ein Teil des historischen Daches gerettet.

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Über den Baufortschritt berichten wir hier.

 

 Großes Tor 

Die restaurierte Nordfassade des Ostflügels mit dem Großen Tor veranschaulicht das ursprüngliche Erscheinungsbild des Hofgestüts. Fachleute unterschiedlicher Disziplinen, Handwerker und Ingenieure, Restauratoren und Denkmalpfleger waren an diesem anspruchsvollen Projekt beteiligt, das von der DSD, der Wittenberger Sparkassenstiftung und mit Mitteln aus dem LEADER-Programm finanziert wurde. In der Zeitschrift Monumente vom Oktober 2023 wird darüber berichtet.

 

Unser Hofcafé öffnet wieder ab Pfingsten 2024 sonntags von 14 bis 17 Uhr, vorausgesetzt, es ist schönes Wetter. In dieser Zeit sind auch Führungen durch das Hofgestüt möglich. Angemeldete Führungen durch die Anlage sind zu anderen Zeiten möglich.

 

In einem Artikel in der MZ vom 25./26. März 2023 wird über das Hofgestüt berichtet.

 

Am 10. November 2022 wurde im MDR der Förderverein Hofgestüt Bleesern e.V. vorgestellt. Der Beitrag wurde in der Serie Mein Verein gesendet.

Ausgewählte Filme, die anlässlich der Tage des Offenen Denkmals 2020 und 2021 produziert wurden, findet man hier.